Beleuchtungsverbot

«Sind von der Stadt enttäuscht» – Zürich zieht Terrassen an Europaallee den Stecker

Im Sommer gemütlich draussen unter bunten Lichterketten sitzen – das fällt bei der Europaallee ins Wasser. Die Stadt Zürich macht den Betreibenden der Restaurants und Bars mit dem Leitfaden für Boulevardgastronomie einen fetten Strich durch die Rechnung.

Nachdem im Zürcher Seefeld der Drinx-Bar im Dezember die Terrassenlichter ausgeknipst wurden, geht es nun der Gastronomie an der Europaallee an den Kragen. Ein Today-Leser und Anwohner nervt sich sichtlich über die «Zerstörung der Stadtqualität» am Gustav-Gull-Platz.

Keine Lichter und nur noch kleine Pflänzchen

Aufgrund des Reglements zur Boulevardbestuhlung sind die dortigen Betriebe gezwungen worden, ihre Aussenbereiche zu entdekorieren und Girlanden und Lichterketten verschwinden zu lassen. Auch die Begrünung ist geregelt. Pflanzen dürfen nicht mehr höher sein als ein Meter.

Die unterschiedlich gestalteten Aussenbereiche hätten alle eine starke Identität gehabt und die Beleuchtung und Girlanden-Deko habe Fernwirkung erzeugt im Gegensatz zur spärlichen Grundbeleuchtung der Europaallee. Weiter findet der Anwohner, dass die Europaallee gar kein «Boulevard» sei, sondern eine Begegnungszone ohne Trottoir. Das Reglement hier identisch anzuwenden, findet er falsch.

Anwohner vermissen den «Vibe»

Ausserdem würde dies der Idee einer lebendigen Europaallee widersprechen. Enttäuscht und wütend über die «Zerstörung von gut gestalteten Aussenräumen durch die Stadt», sind auch andere Anwohnerinnen und Anwohner.

An den Unterhaltungen in einem Gruppenchat der Personen, die dort leben, ist deutlich zu merken, dass die Veränderungen schmerzen. Sie alle seien enttäuscht über den Entscheid der Stadt: «Die Atmosphäre da unten ist der halbe Grund, wieso ich überhaupt hier wohne», meint einer.

«Die arbeiten lieber gegen Restaurants als gegen Diebe. Perfekte Prioritäten», meint jemand anders. Darüber, dass die Gastrobetriebe Miss Miu und das Bierwerk ihre Aussenbeleuchtung abmontieren mussten, zeigen sich allesamt bestürzt, traurig und verständnislos. «Die Lichter haben die Europaallee lebendig gemacht», heisst es in einer Sprachnachricht eines weiteren Anwohners.

«Bussen wären die Folge gewesen» – Beiz gibt klein bei

Auch die Betreibenden sind nicht glücklich über den Entscheid. «Wir mussten dies leider so hinnehmen, da uns Ultimaten gesetzt wurden und bei Nichteinhalten Bussen die Folgen gewesen wären», schreibt der Betrieb Miss Miu auf Anfrage von ZüriToday.

Dass die Lichter, Pflanzen und Deko-Elemente verschwinden müssen, führe ihrer Meinung nach dazu, dass «die Europaallee nun wieder zu einer kahlen Betonwüste wird». Ginge es nach ihnen, müsste dieses Gesetz dringend revidiert werden. Sollte es Zürich denn nicht besser wissen? «Andere Städte in Europa haben erkannt, dass attraktive Terrassen und Aussenbewirtschaftungen sowie viele Pflanzen einer Stadt einen riesigen Mehrwert bieten. Für Anwohner, aber auch Touristen», erklären die Betreiber missmutig.

Mit den Behörden hätten sie mehrfach das Gespräch gesucht. Diese stellten sich aber klar auf die Seite der bestehenden Gesetze und hätten gesagt, dass es keine Ausnahmen gebe.

Während Corona sollten Aussenbereiche attraktiv gestaltet werden

Warum jetzt alles anders ist, erklärt die Inhaberin und Geschäftsführerin vom Bierwerk Lidia. «Das hat früher alles der SBB gehört, da durften wir die Lämpli und Fähnli aufhängen. Darum war uns gar nicht bewusst, dass wir jetzt gegen ein Gesetz verstossen», erklärt sie. Nun gehört aber ausgerechnet der Teil der Europaallee, wo sich neben anderen Gastrobetrieben auch das Bierwerk befindet, der Stadt.

Besonders bitter ist für sie, dass die Stadt während der Corona-Pandemie wollte, dass man Aussenbereiche so gestaltet, dass man trotz Massnahmen Gäste empfangen konnte. «Wir haben in den Aussenbereich investiert und jetzt muss das wieder weg», erklärt sie missmutig.

Es sei auch nicht so, dass sie Mobiliar auf Bereiche stellen würden, für die sie nicht bezahlen. «Wir zahlen für den Platz, den wir nutzen. Wir bezahlen ihn auch im Winter, wenn nicht so viel läuft», so die Inhaberin. Für die Leute sei das so, wie es jetzt sein soll, wenig einladend. «Die Gäste können teils nicht mal mehr die Menükarte lesen», erklärt sie.

Warum einige Gastrobetreibenden an der Europaallee ihre Aussenbereiche immernoch beleuchten dürfen, ist einfach. Diese Gebäude gehören nach wie vor der SBB.

Quelle: TeleZüri / «ZüriNews» vom 12. Dezember 2023

Beleuchtung vom Weihnachtsmarkt wird anders geregelt

Die Stadtpolizei Zürich antwortet auf Anfrage, dass der Leitfaden Boulevardgastronomie im Jahr 2022 unter Einbezug von «Gastro Stadt Zürich» überarbeitet wurde. Wenn Reklamationen oder Meldungen über Verstösse eingehen, prüfe die Stadtpolizei, ob die Vorgaben eingehalten werden.

«Die Vorgaben macht die Stadt Zürich für die ganze Stadt. Die Stadtpolizei Zürich setzt diese gemäss dem Auftrag der Stadt um», heisst es vom Mediendienst.

Dieser Leitfaden gelte aber nur für den öffentlichen Grund. Für Privatgrund gelten andere Vorschriften, erklärt der Mediendienst weiter. Die Frage, ob denn auch die Weihnachtsbeleuchtung wegfalle, verneint die Stadtpolizei. «Weihnachtsmärkte und die Stände fallen nicht unter die Boulevardgastronomie. Dies wird in separaten Bewilligungen festgelegt», heisst es abschliessend.

Quelle: ZüriToday
veröffentlicht: 22. März 2024 09:03
aktualisiert: 22. März 2024 09:03